Fast-Fashion. Die Alternativen?

Zitat aus dem ORF-Beitrag vom 23.01.2022: „Junge Menschen, großteils Frauen, packen vor der Kamera ihre Bestellung aus und präsentieren die neu erworbenen Stücke. Als Belohnung gibt es Likes und Follower zuhauf: Auf YouTube werden manche dieser Videos millionenfach angeklickt, auf TikTok sind derzeit 3,8 Milliarden Einträge mit dem Hashtag #sheinhaul versehen.“

Allein in Ghana in Westafrika kommen regelmäßig große Containerschiffe mit Bergen von Altkleidern an, die die dortigen Märkte überschwemmen. Der Second-Hand-Kleidungsmarkt hat in Ghanas Hauptstadt Accra tausende Jobs geschaffen, aber auch zu enormen Problemen geführt. Und die Bevölkerung, jene, die damit Geld macht, ist selbst geschockt und wenig erfreut. Mit dem Altkleidermüll und dessen Verbrennung kommen Schadstoffe in die Umwelt, Menschen werden dort krank. Während es früher nur ein paar Mal im Jahr eine neue Kollektion gab, bringen viele Läden in der westlichen Welt mittlerweile alle paar Wochen neue Kleider in die Läden. Das nennt man "Fast Fashion".

Die Popularität des Fast-Fashion-Unternehmens Shein ist während der Pandemie enorm gestiegen, mittlerweile ist es die meistbesuchte Modewebsite der Welt, gefolgt von H&M und Nike. Shein hat die Produkteinführungszeit auf mittlerweile eine Woche eingekürzt, produziert werden nur wenige Stücke, gehen sie gut, wird in Massen nachproduziert. Zwischen 5.000 und 10.000 neue Produkte pro Tag kommen so auf den Markt. Meine Frage: Frieren wir so, dass wir so viel Bekleidung benötigen? Warum treiben uns Modetrends dazu an, ständig den letzten Schrei zu tragen? Und ist dieser auch immer vorteilhaft für unsere optische Erscheinung?

Ein Blick in die Altersgruppen zeigt, dass den 18- bis 24-Jährigen aktuelle Modetrends im Vergleich am wichtigsten sind (28 vs. 17 Prozent der Gesamtbevölkerung), bei den Befragten ab 55 Jahren ist es nur einer von zehn (13 Prozent). Gleiches gilt für die ʺMarkeʺ: 33 Prozent der jüngsten Befragten geben an, dass bestimmte Markennamen beim Kauf eine wichtige Rolle spielen, bei den Personen ab 55 Jahren sind es 17 Prozent. Aber jetzt kommt das Paradoxon: So legen die 18- bis 24-Jährigen viel Wert auf Cruelty-Free-Labeling, also Mode, bei deren Produktion Tiere weder verletzt noch getötet werden. Und die Umwelt? Und die Textilarbeiterinnen? Aber so leicht kommen wir aus dieser Diskussion nicht hinaus.

Unser individuelles Erscheinungsbild ist im Alltag hauptsächlich durch die Kleidung bestimmt. Durch Frisur, Haarfarbe, Gesichtsbehaarung und Makeup lässt sich zwar ebenfalls das Aussehen spürbar steuern, doch einen Großteil des von außen Sichtbaren machen die Klamotten aus. Zweifelsohne lassen sich mit dem entsprechenden Outfit eindeutige Reaktionen auslösen und andere Personen unbewusst beeinflussen. Doch wodurch entstehen diese Wirkungen, mit welchen psychologischen Aspekten hängen sie zusammen und was bedeutet das für die Rolle von Mode im Alltag?

Teuer oder günstig, No-Name- oder Markenware, Abendgarderobe oder Jogginganzug – mit all diesen verschiedenen Ausprägungen, die Textilien heutzutage annehmen können, kommen automatisch bestimmte gesellschaftliche Schubladen, denen man die Träger zuteilen kann. Die Kleidung, die Du trägst, hat jedenfalls entgegen einiger Studien KEINEN Einfluss auf Deine geistigen Fähigkeiten wie Konzentration oder Lösungskompetenz. Die „enclothed-cognition-theory“ konnte in größeren Replikationsstudien nicht wiederholt werden. Wenn Dir Kleidung steht, wenn sie gut sitzt, wenn sie nicht stinkt und sauber ist, fühlst Du Dich wohl. Mehr ist es nicht. Du gefällst auch jenen, die Dich lieben. Mehr nicht. Wenn Du beeindrucken willst, dann kleide Dich eine Spur teurer, feiner, modischer. Aber vielleicht schaffen wir das auch, indem wir wieder verstärkt zu zeitloser Mode greifen und mit klugen capsule-wardrobes gut auskommen, ohne Spaß an der „Verkleidung“ einzubüßen. Die emotionalen Bedürfnisse nach Liebe, Nähe, Wertschätzung, die Du Dir beim Shopping vermeintlich für ein paar Stunden holst: Stille sie wenigstens mit zeitloser Mode in Farben, die auch noch in 6 Jahren tragbar sind, in Schnitten und Stoffen, die auch noch in 10 Jahren gut fallen und Deiner Figur zuträglich sind. Such dir einen guten Schneider um die Ecke und sorge für eine tolle Passform. Wenn Kleidung gut sitzt, sehen wir darin auch richtig gut aus. Kauf nur Teile, die Dir wirklich passen, übermale die Konfektionsgröße, wenn sie Dich frustriert. Verfalle nicht in Geld sparen durch günstigen Schrott kaufen. Du gibst trotzdem Geld aus und belastest die Umwelt! Tausche mit Deiner Freundin oder Deinem Freund, das bringt Abwechslung (ich meine natürlich die Kleidung!). Entscheide Dich für Einfärbiges, Gemustertes ist stark der Mode unterworfen. Kombiniere ever-green Farben wie schwarz, camel, creme oder weiß mit Jeans. Pflege Deine Schuhe und ordne Deinen Kleiderschrank einmal im Monat! Wie reich Du tatsächlich bist, siehst Du erst, wenn Du Überblick hast. Was Du nicht brauchst, biete anderen Menschen an.  Wenn Du Dich hübsch zurechtmachen willst, könntest Du ja auch mal vorher eine Runde trainieren gehen, Lippenstift verwenden oder die Haare hübsch föhnen – und baaaaaam, bist Du auch fesch, ohne die Umwelt mit „fast-fashion“ belastet zu haben.

Warum betrachten wir hier die Psychologie der Mode genauer? Weil Trends das Kaufverhalten beeinflussen. Wer sich nicht selbst hinterfragt, kann wohl kaum die Buyer Persona seiner Zielgruppen definieren. Selbstreflexion passiert vor dem tieferen Verständnis anderer Menschen. Nimm Dir also Zeit und beobachte Dein eigenes Käuferverhalten. Damit entwickelst Du Dich zum Trendscouter!